"Wohin die deutsche Poesie kommen muß, wenn sie auf dem Wege fortgeht, den sie in der neuesten Zeit eingeschlagen hat, zeigt am deutlichsten die Art, wie sich – mit der Billigung des ganzen gelehrten Deutschlands – Baron Malsburg in der Vorrede zu seiner Übersetzung Calderons über die Bedeutung des: Lebens ein Traum; dann Hagen in seiner: Bedeutung der Nibelungen für jetzt und immer, über dieses so schätzenswerte Gedicht äußern. Beider Ansichten sind vollkommen ägyptisch. Wer wird wohl das Symbolische aller Kunst leugnen? Aber sie zu einer Hieroglyphenschrift machen, deren an sich gleichgültige Gestalten erst durch das Herausfinden eines praktisch nutzbaren Gehaltes einen eigentlichen Wert bekommen, heißt alle Kunst aufheben und in die Poesie die Prosa zurückführen, die bei ihrem Tausch von ägyptischem Grübelgeist gegen den vormaligen französischen Leichtsinn kaum etwas gewonnen haben dürfte. Das seh' ich alles ein und grüble doch auch! »Ich muß es eben entgelten,« sagt Aurelie, »daß ich eine Deutsche bin. Es ist das Unglück der Deutschen, daß sie über allem schwer werden und alles über ihnen schwer wird.« (1820)"
- Franz Grillparzer (15.1.1791 - 21.1.1872); Aus: "Studien zur Litteratur" (um 1860)
Gutenberg Archiv (Dt) - Studien zur Litteratur, Grillparzer
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